Freehand Fashion – nähen ohne Schnittmuster

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Nähen ohne Schnittmuster – ein Erfahrungsbericht

Ich liebe es, Neues auszuprobieren und kleine Experimente zu wagen. Daher hat mich das Buch “Freehand Fashion Die Perfekte Kleidung nähen – ganz ohne Schnittmuster” von Chinelo Bally total neugierig gemacht. Ich nähe gerne Kleidung für mich und habe die Kleidung bisher meistens nach vorgefertigten Schnittmustern genäht. Ich habe in der Vergangenheit noch nie an mir Maß genommen und bisher über die Geschicklichkeit eines Schneiders, der mit routinierten Bewegungen und mit großer Anmut an seiner Kundschaft Maß nimmt, nur gestaunt.

Und jetzt hielt ich ein Buch in den Händen, das vom freihändigen Zuschneiden von Stoffen handelt. Maßgeschneiderte Anziehsachen selbst herstellen, was für eine  reizvolle Idee…

Gleichzeitig hat ein Teil von mir zu Beginn dieses Projekts nicht so wirklich daran geglaubt, dass ich das selbst hinbekommen könnte mit der Kleidung nach Maß – einfach nur durch den Blick in ein Buch…

*Das Buch „Freehand Fashion“ von Chinelo Bally wurde mir  vom stiebner Verlag als Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt. Die Bildausschnitte aus dem Buch sind zur Veranschaulichung von mir fotografiert. 

Fakten zum Buch: 

Autorin: Chinelo Bally

erschienen im stiebner Verlag

1. Auflage, 192 Seiten

Kosten: 29,90€ (Deutschland), 30,80€ (Österreich)

ISBN-13:978-3-8307-0975-6

Die Einleitung der Autorin, ihre Erklärung, wie sie begonnen hat, die Ideen in ihrem Kopf umzusetzen und die ansprechenden Bilder, die die Leserin auf vielen Seiten des Buches begleiten, haben mir gleich Lust darauf gemacht, die Herausforderung anzunehmen und mein Experiment zu wagen.

Während zu Beginn des Buches ein paar allgemeine Nähtechniken erläutert werden, die man bei der Anfertigung der im Buch beschriebenen Beispielmodelle gut gebrauchen kann, beschreibt Chinelo Bally ausführlich, wie Frau an sich selbst maßnehmen kann und welche Maße für welches Kleidungsstück von Bedeutung sind. Diesen Teil des Buches empfand ich als unglaublich spannend. Allein der Versuch, neben den Maßen an der Vorderseite meines Körpers auch die verschiedenen Rückenmaße ganz ohne Unterstützung an mir selbst abzunehmen, war eine reizvolle Herausforderung. Ich war sehr überrascht, wie gut es gelang z.B. die Schulterbreite selbst auszumessen. Die Rückenlänge ist das Einzige Maß, das ich tatsächlich mehrmals nachgemessen habe, um keine zu große Abweichung von meiner tatsächlichen Länge zu erhalten.

Dank der Bilder und guten Beschreibung der Autorin, welches Maß wo abgenommen wird, habe ich nach meiner “Maßbandsession” wirklich ein paar brauchbare Körpermaße zu Papier gebracht. Gleichzeitig steht für mich fest, dass der Punkt des genauen Maßnehmens einer der wichtigsten Punkte des freihändigen Zuschneidens ist.

Freehand Fashion: Blick ins Buch

Im Buch sind verschiedene Grundmodelle dargestellt, die anhand der Methode des freihändigen Zuschneidens hergestellt werden können. Von diesen Grundmodellen ausgehend kann die geübte Leserin dann Veränderungen vornehmen, um schließlich eigene Kleidung zu entwerfen. Nachdem ich euch vor einigen Wochen schon in einem anderen Beitrag einen selbst entworfenen Schnitt für einen Rock gezeigt habe, will ich euch diesmal meine Erfahrungen bei der Herstellung eines Oberteils schildern. Tatsächlich war die Vorstellung, ein Oberteil aus nicht dehnbarer Baumwolle inklusiver Abnäher an Brust, Vorder- und Rückenteil zu entwerfen, eine große Herausforderung in meinem Kopf. Ich glaube, ich hatte sogar kurz den Gedanken, doch auf die Herstellung eines Rocks umzuswitchen…

aber ich hab´s durchgezogen und habe mich entschieden, ein Ärmelloses Oberteil zu nähen. Glücklicherweise hatte ich noch ein paar gemusterte Baumwollstoffe von meinem letzten Stoffmarktbesuch in petto. Ein Stoff eignete sich dann tatsächlich auch von der Musterung her für eine Bluse.

Freehand Fashion

Da ich ohne Schnittmuster arbeitete, übertrug ich meine für die Bluse benötigten Maße nach Anleitung der Buchautorin direkt auf meinen vorgefalteten Stoff. Dieser Schritt war für mich “Schnittmusternäherin” ein ungewohnter Start in ein Nähprojekt.

Nachdem ich die verschiedenen waagerechten und senkrechten Maße nach der Beschreibung im Buch auf den Stoff übertragen hatte, habe ich nach Anleitung von Chinelo Bally die verschiedenen Maße miteinander verbunden und erhielt Schritt für Schritt schließlich oberteilähnliche Konturen auf meinem Stoff. Auf dem folgenden Bild seht ihr die Bereits ausgeschnittenen und voneinander getrennten Stofflagen.

Buchrezension Bonnbon

Um die einzelnen Abnäher exakt markieren zu können, bin ich der Anleitung der Autorin sehr aufmerksam gefolgt. Hier habe ich vor allem mit dem Bügeleisen gearbeitet, da die Faltkanten der Abnäher zuerst in das Oberteil hineingebügelt und anschließend mit Schneiderkreide markiert werden. Diese Tätigkeit erinnerte mich teilweise an lustige Origami Papierfalterei…

Buchrezension Bonnbon

Buchrezension Bonnbon

Zu Beginn meines Projekts hatte ich den Plan, an meinem ärmellosen Oberteil Ärmel anzubringen, um die Bluse auch in der Übergangszeit gut tragen zu können. Hierzu habe ich nach Buchanleitung Ärmel nach Maß für mich hergestellt.

Buchrezension Bonnbon

Nachdem ich meine Bluse soweit zusammengesetzt hatte und ich die Ärmel am Blusenteil annähen wollte, habe ich allerdings festgestellt, dass die Armausschnitte am Vorder- und Rückenteil zu groß für meine super maßgeschneiderten Ärmel waren. Diese Feststellung hatte mich zu diesem Zeitpunkt nicht wirklich überrascht, da mir die Armausschnitte von vornherein ziemlich groß vorkamen. Nachdem ich nun einen Moment lang ein großes Fragezeichen im Kopf hatte, habe ich mich entschieden, trotzdem das Beste aus meinen Schnittteilen zu machen. Daher habe ich die Armausschnitte der Bluse nachträglich etwas verkleinert und das Oberteil als ärmellose Bluse fertiggenäht. Hierbei habe ich gelernt, dass ich bei zukünftigen Projekten die Armausschnitte von vornherein kleiner markiere.

Die beiden zugeschnittenen Ärmel nehme ich jetzt einfach als Musterärmel für mein nächstes Projekt…

Insgesamt bin ich aber super zufrieden mit der “Bluse nach Maß”. Riesig war meine Erleichterung, als ich festgestellt habe, dass auch die Abnäher im Brust- und Rückenbereich sitzen.

Mein Fazit:

Die Methode des freihändigen Zuschneidens erfordert definitiv Experimentierfreude und Mut, da ihr eure Maße direkt auf euren Stoff übertragt und das Ganze dann zuschneidet. Auch das Maßnehmen an sich selbst benötigt etwas Übung und Konzentration. Da ich zum ersten Mal freihändig zugeschnitten habe, hatte ich während des gesamten Nähprozesses die Frage im Kopf, ob die von mir genommenen Maße schließlich zu zusammenpassenden Schnittteilen für mein Oberteil führen. Dass nicht alles ganz reibungslos verlaufen ist, habe ich an den Armausschnitten meines Oberteils gemerkt. Beim Zuschneiden der Ärmel nach der Freihandmethode gab es auch mehr “Stoffverschnitt”, als beim Zuschneiden von “Schnittmusterärmeln”. Trotzdem habe ich das Gefühl durch dieses Nähexperiment Einblicke in eine für mich vollkommen neue Art des Nähens gewonnen zu haben. Ich bin total begeistert davon, wie gut ich durch die Anleitung im Buch trotz der Ärmel zurechtgekommen bin und bin mir sehr bewusst, dass es Übung braucht, wenn man eine neue Methode beherrschen möchte. Und wisst ihr was?! Ich hab total Lust darauf, mich im freihändigen Zuschneiden weiter zu erproben; diesen neuen Nähkosmos zu erkunden und dabei jede Menge zu lernen. Somit hat mich Chinelo Ballys Buch wirklich angetriggert und die Tatsache zum ersten Mal nach Maß genäht zu haben erfüllt mich eindeutig mit Stolz. Und das ist für mich auf jeden Fall ein sehr schöner Ausgang eines spannenden Experiments.

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6 Replies to “Freehand Fashion – nähen ohne Schnittmuster

    1. Liebe Regina!
      Hihi😉. Ja das langsame Herantasten ans gut sitzende Oberteil ist mit Sicherheit nicht das, was der professionelle Schneider tun würde. Aber ich kann Jedem, der durch den Beitrag neugierig geworden ist nur empfehlen, sich auszuprobieren. Verbesserungen gehen im Nachhinein meistens. Für mich war gerade auch die Tatsache, dass die Armausschnitte meines Oberteils nicht von Anfang an perfekt waren ein guter Weg, um etwas über meine Maße und die Anfertigung nach Maß zu erfahren.
      LG Pamela

  1. Das hört sich wirklich nach einem sehr spannenden Experiment an!! Wow, ich hätte mich das vermutlich nicht getraut, gleich den Stoff anzuschneiden. Deine ärmellose Bluse finde ich super!! Der Stoff passt optimal!
    Ich habe mal bei Makerist den Kurs “Schnittmuster für feste Stoffe erstellen” mit Vivian Altmann gebucht (gibt es auch für dehnbare Stoffe). In dem Kurs lernt man, wie man anhand der eigenen Körpermaße sein individuelles Grund-Schnittmuster erstellt. Hier wird allerdings mit Schnittpapier gearbeitet, sodass man das Grund-Schnittmuster einmal in den Händen hat, und daraus sich dann später verschiedenen Modelle erstellen kann.
    Selbst ausprobiert habe ich es noch nicht, da mir leider jemand fehlt, der mich vermessen kann. Man sollte es ja nicht unbedingt selbst machen.
    Aber ich habe wirklich viel in dem Kurs gelernt und kann nun z.T. besser nachvollziehen, warum bei gekauften Fertig-Schnittmustern das Kleidungsstück an manchen Stellen nicht hundertprozentig passt und kann es ändern.
    Irgendwann mal will ich aber schon mal “mein” Grund-Schnittmuster erstellen. 🙂
    LG
    Natalie

    1. Liebe Natalie,
      das klingt ja auch nach spannenden Erfahrungen. Es ist auf jeden Fall entspannter, wenn du jemanden hast, der deine Maße abnehmen kann. Falls gerade niemand aus dem Bekannten- oder Freundeskreis für sowas zur Verfügung steht (einigen meiner Freunde müsste ich wahrscheinlich geraume Zeit erklären, was ich da von ihnen will*grins*), sind vielleicht die Leute im Stoffladen deines Vertrauens so lieb, kurz an dir Maß zu nehmen…das mit deinem eigenen Grundschnittmuster solltest du unbedingt machen, wenn du Zeit und Muße findest!!! Es ist toll, dass du den von dir besuchten Kurs auch ohne Grundschnittmuster bereits nutzen kannst, um Schnittmuster für dich passend zu machen!
      LG Pamela

  2. Wie mutig, Pamela! Das würde ich mich glaube ich an einer Bluse nicht getrauen. Vielleicht an einem Rock mit Gummizug, aber mehr Mut habe ich glaube ich nicht beim Nähen. Dein Oberteil sieht sehr hübsch aus.

    Viele Grüße

    Anni

    1. Liebe Anni,
      vielen lieben Dank für dein Feedback! Das für die Bluse verwendete Stöffchen war seeeehr preiswert und ich hatte eh vor, den Stoff als Probestoff für irgendein Projekt zu verwenden. Um so erfreuter bin ich jetzt, da mein Projekt mit dem freihändigen Zuschneiden doch relativ gut gelungen ist und ich die Bluse wirklich im Alltag tragen kann;).
      LG Pamela

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