Ich habe mir einige Blogs angesehen in den letzten Monaten und habe dabei eine Sache bemerkt, die mich als Leserin eines Blogs anspricht. Es ist schön, neben den kreativen, informativen, oder sonstwie gearteten Inhalten des Blogs, etwas über die Persönlichkeit und die Werte desjenigen zu erfahren, der da eigentlich schreibt. Deshalb möchte ich hier und heute auf diesem Blog eine neue Kategorie einführen. In der Kategorie “Alltagsexperimente” werde ich Dinge skizzieren, die in meinem Leben eine Rolle spielen. Außerdem will ich ausprobieren, inwiefern sich kleine Veränderungen im Alltag auf mein großes Ganzes auswirken – Alltagsexperimente eben. Die Beiträge, die in dieser Kategorie eintrudeln, entstehen in diesen “Aha”-Momenten, wenn das Familienleben und die Arbeit den Raum für große und kleine “Ahas” lassen, oder selbst der Anlass eines “Ahas” sind. Wahrscheinlich entstehen die Beiträge herrlich unregelmäßig, mal purzeln die “Ahas” nur so heraus und manchmal eben nicht. Ich bin gespannt, was hier entsteht. Mein erstes Alltagsexperiment, das ich mit euch teilen möchte, dreht sich um ein momentan heiß diskutiertes Thema:
Ohne Auto leben – geht das?
In der letzten Zeit ist es immer wieder Thema in den Medien. Die Stickoxid- und Feinstaubwerte der Luft werden aufgrund der vielen Autos in den Städten vielerorts überschritten. Mit anderen Worten:
Der viele Autoverkehr auf den Straßen macht uns und unsere Kinder krank.
Das dieses Thema kontrovers ist, kann man nicht zuletzt an den Diskussionen im eigenen Freundeskreis erkennen. Einig sind sich alle: Etwas muss sich ändern. Spätestens jedoch bei der Konkretisierung dessen, was genau das sein könnte, bzw. was das Ganze mit unserem Konsumverhalten zu tun haben könnte, gehen die Meinungen stark auseinander oder die Gespräche verstummen ganz.
Oft wurden meine Familie und ich im Rahmen solcher Diskussionen gefragt:
“Und ihr habt wirklich kein Auto? Das ist toll, ich könnte mir das aber nicht vorstellen. Wie funktioniert denn sowas mit Kindern?”
Das war der Zeitpunkt, an dem ich in mich gegangen bin und bemerkt habe: Ui, ich habe noch nie drüber nachgedacht, wie das eigentlich funktioniert. Das könnte lohnenswert sein…
Ja, wir wohnen in der Stadt und nicht auf dem Land. Das ist vermutlich ein ziemlicher Pluspunkt bezogen auf ein autofreies Leben. Hier gibt es die Möglichkeit, den ÖPNV zu nutzen und ggf. sogar sonntags;) aus dem Haus zu gehen und in ein öffentliches Transportmittel einzusteigen. Natürlich fahren wir auch gerne und viel mit dem Fahrrad und Dank all des tollen kinderfreundlichen Fahrradequipments stellte es für uns in der Vergangenheit nie ein Problem dar, die Kinder aufs Rad zu bekommen. Sei es hinten auf dem Fahrradsitz, auf dem Nachläufer oder mit eigenem Rad. Wir haben unsere Ziele bisher auch zu fünft immer erreicht. Natürlich ist es so, dass wir gelegentlich einiges mehr Zeit einplanen mussten, um ein Ziel zu erreichen, als Menschen, die motorisiert starten. Aber auch das empfanden wir eher selten als Problem. Getreu dem Motto “der Weg ist das Ziel” haben wir auf dem Weg von A nach B das Vergnügen, unsere Umwelt beobachten zu können und dabei ein paar schöne Dinge zu sehen. Auch der wöchentliche Großeinkauf ohne Auto stellt für uns kein Problem dar. Wir bekommen unseren Einkauf einmal pro Woche von einem Biohof geliefert. Das empfinde ich als wirklichen Pluspunkt, da ich mir nicht nur das eigene Schleppen der Großpackungen spare, sondern auch das Gequengel der drei Kinder, die ich ansonsten während des Einkaufs im Schlepptau hätte… Klar, in diesem Fall wird trotzdem ein Auto bewegt, damit wir an unsere Einkäufe kommen. Also ist dieser Punkt wohl eher bequem, als öko. Dennoch spiegelt es die Tatsache wieder, dass es heute in Zeiten des Onlinehandels wohl leichter ist denn je, ohne Auto zu leben, da ich mir die Dinge, die ich nur motorisiert transportiert bekomme, ggf. nach Hause liefern lassen kann. Und ja, es gibt Momente, da fahren auch wir mit dem Auto. Zum Beispiel dann, wenn wir einen Ausflug unternehmen wollen, bei dem die Anfahrt mit den Öffentlichen ungefähr fünfmal so lange dauern würde, wie der eigentliche Ausflug. Carsharing sei Dank ist es aber möglich, für solche Gelegenheiten ein Auto zu mieten und es anschließend wieder abzugeben. Klar gibt es immer noch viel zu wenige Carsharing Stationen. Hier muss wohl tatsächlich noch ordentlich nachgebessert werden, wenn das Leben ohne eigenes Auto irgendwann für das Gros der Menschen in Betracht gezogen werden und dauerhaft attraktiv sein soll.
Und dann kommt es natürlich auch vor, dass wir von Zeit zu Zeit unsere Ideale der Bequemlichkeit zuliebe hinten anstellen. Der letzte Campingurlaub war unter anderem deshalb so schön entspannt, weil wir zwei Wochen lang mit einem Mietauto durch die Gegend getourt sind und das Gefühl von Unabhängigkeit und Spontaneität, dass das Reisen mit Auto mit sich bringt, sehr genossen haben. Dann ist es in jedem Fall erwähnenswert, dass unsere Kinder bei so wichtigen Gelegenheiten wie Auswärtsspielen des örtlichen Fußballvereins etc. von den Eltern verschiedener Freunde in Fahrgemeinschaften mitgenommen werden. Das ist toll und zeigt auch, dass die Leute sich Gedanken machen, sich organisieren und ein Bewusstsein dafür vorhanden ist, Ressourcen sparen zu wollen.
Mein Fazit: Es kostet mich vielleicht manchmal Überwindung, vor allem an kalten und nassen Tagen, auf das Fahrrad zu steigen, um an mein Ziel zu gelangen. Manchmal nervt es auch, erst 20 Minuten unterwegs sein zu müssen, bis ich an der Carsharingstation ankomme und endlich in die Karre einsteigen kann. Und trotzdem stellt ein Leben ohne eigenes Auto für uns als Familie keinen Mangel dar, sondern zeitweise sogar eher einen Gewinn an Eindrücken aus unserer Umwelt. Darüber hinaus bekommen wir ein gutes Gefühl in Bezug auf unseren Anteil, den wir dazu beitragen können, achtsam mit den Ressourcen dieser Erde umzugehen.
Regelmäßig Auto fahren werde ich wohl erst, wenn das, was hinten aus den SUVs und anderen Fabrikaten herauskommt, so sauber ist, dass daraus Wolkenblumen werden…
Bis dahin werden wir weiter fleißig in die Pedale treten und den netten Nebeneffekt genießen, unsere körperliche Gesundheit durch Bewegung positiv zu beeinflussen. Was an dieser Stelle unbedingt noch gesagt sein muss: Konträre Meinungen sind gut. Diskussionen zu wichtigen politischen Themen können Dinge in Bewegung bringen. Also Leute, debattiert fleißig weiter. Ich bin gespannt, wie die öffentlichen und privaten Diskussionen und die Maßnahmen zum Thema “saubere Luft” weiter gehen.
4 Replies to “Ohne Auto leben”
Comments are closed.